Es ist kompliziert, denn das Gesundheitswesen ist ein Bereich mit vielen Playern, die alle ihre eigenen Interessen verfolgen: Krankenkassen müssen auf die Beiträge ihrer Mitglieder schauen, Kliniken auf eine ausreichende Finanzierung, private Konzerne müssen Gewinne für ihre Aktionäre erwirtschaften.
Dann gibt es die Landesregierungen, die zwar für die Krankenhausplanung und Investitionen (zum Beispiel Neubauten, Sanierungen) verantwortlich sind, aber ihren Verpflichtungen seit Jahren immer weniger nachkommen.
Zwischen 1972 und 2020 sank die Investitionsquote laut dem Verband der Gesetzlichen Krankenversicherung von 25 Prozent auf etwa 3 Prozent im Jahr 2020 (unterschiedlich je Bundesland). Die entstehenden Löcher zu stopfen, bleibt den Kommunen überlassen, beziehungsweise Konzernen, die sich im knallharten betriebswirtschaftlichen Geschäft besser auskennen. Warum zum Beispiel eine Putzkolonne von einem externen Betrieb übernommen werden muss, ist für einen Konzern mit weit entfernter Konzernzentrale halt einfacher zu kommunizieren als für den Landrat vor Ort.
Doch mittlerweile kommen auch die Konzern-Profis ins Trudeln: Die Hoffnung, dass die Fallpauschalen die langen, teuren Liegezeiten der Vergangenheit auffangen, hat sich als trügerisch erwiesen. Das System ist teurer denn je und Deutschland bei den Kosten weltweit spitze. Fast nirgendwo gibt es so viele Arztkontakte und Betten im Krankenhaus. Wo also liegt der Fehler?
Die Fallpauschalen haben ihren Anteil, weil viele Patienten möglichst günstig und oft durchs System geschleust werden müssen, diese Erkenntnis ist endlich auch in der Politik durchgesickert. Im Akutfall wird im Krankenhaus sicherlich nicht aufs Geld geschaut, aber der dritte Stent (Implantat zum Offenhalten der Gefäße nach einem Herzinfarkt) lässt sich ja auch nach Ablauf des DRG-Intervalls (Abrechnungszeitraum für die Fallpauschalen) setzen. Aus einem Essen ein Menü mit mehreren Gängen zu machen, bringt zwar Geld, der Mensch als Ganzes bleibt jedoch auf der Strecke. Ein faules Ei war das Pauschalen-System außerdem für die Pflegedienstebene: Allein zwischen 2002 und 2006, als die Fallpauschalen eingeführt wurden, entfielen an deutschen Krankenhäusern 33 000 Pflegestellen. Pflegewissenschaftler Michael Simon sagt, wolle man die Zahl des Pflegepersonals in Deutschland auf das Niveau der Schweiz oder Dänemark anheben, müssten zwischen 160000 und 260000 Vollzeitkräfte zusätzlich angestellt werden.
Inzwischen hat man die Notbremse gezogen: Die Pflegebudgets beruhen nun auf den tatsächlichen Selbstkosten fürs Pflegepersonal.
Ein Schritt in die richtige Richtung ist sicherlich die vermehrte ambulante Behandlung von Patienten. Ob nun im Krankenhaus selber oder durch eine bessere Struktur bei den niedergelassenen Ärzten.
Womit wir bei den regionalen Versorgungsunterschieden wären. Die oft kritisierte Klinikdichte ist vor allem in urbanen Zentren hoch. Auf dem Land sieht es anders aus. Im LandkreisHameln-Pyrmont fehlen zudem Haus- und Kinderärzte. Ihr Anteil liegt in Deutschland mit 17 Prozent unter dem Wert vieler Nachbarländer. Dabei könnten mehr Hausarztpraxen teure stationäre Krankenhausaufenthalte verhindern.
Dass alles besser wird, wenn wir wieder zu kommunal betriebenen Kliniken zurückkehren, ist zweifelhaft. Auch diese Kliniken müssen heute anders sparen. Ein Zwangssparen, dass geprägt ist vom Versagen der Landespolitik, die jahrelang auf die Heilung durch Fallpauschalen hoffte. Mittlerweile hat man erkannt, dass die Krankenhausfinanzierung nach dem Selbstkostenprinzip doch ihre Vorteile hatte. Sie hat – Wirtschaftlichkeitsvorgaben und Qualitätssicherung sowie eine bessere Zahlungsmoral des Landes vorausgesetzt – wieder Chancen. In der Folge hätten kommunale Kliniken wieder die Möglichkeit, sich zu stabilisieren. Eine wünschenswerte Vorstellung, denn dass Krankenhäuser Gewinne an Aktionäre ausschütten müssen, passt noch immer nicht zum Gesundheitswesen.