Minden. Ein Jahrzehnt nach der Veröffentlichung des bislang letzten Bundeswehr-Weißbuches wird im Sommer eine Neuauflage des Grundlagendokuments erscheinen. Auf Einladung der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP) trug Oberstleutnant Martin Werneke aus dem Bundesverteidigungsministerium im Hotel Bad Minden zum Entstehungsprozess des Buches vor.
„Seit dem letzten Weißbuch hat sich nicht nur unser sicherheitspolitisches Umfeld wesentlich gewandelt, auch innerhalb der Bundeswehr werden seit einigen Jahren gewichtige Veränderungen, wie die Aussetzung der Wehrpflicht und die Neuausrichtung der Bundeswehr vorgenommen“, so der Referent.
Im Rahmen der Neufassung dieses strategischen Dokuments, das anders als seine Vorgänger durch das gesamte Bundeskabinett beschlossen werden soll, werden neue Wege beschritten. So entsteht das aktuelle Buch in einem inklusiven und breit angelegten Erstellungsprozess. Im Verlauf dieses Prozesses wird in unterschiedlichen Formaten ein intensiver Austausch mit einem breiten Kreis sicherheitspolitisch relevanter und interessierter Akteure gepflegt. Hierzu gehören insbesondere der Deutsche Bundestag, die Wissenschaft, Verbände, Kirchen, Gewerkschaften, Vereine sowie die allgemeine Öffentlichkeit und internationalen Partner der Bundesrepublik.
In zehn Experten-Workshops wurden Themen von sicherheitspolitischer Relevanz, wie etwa die Perspektiven der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, der Partnerschaften und Bündnisse, des gesamtstaatlichen Ansatzes, der hybriden Kriegführung, der Bundeswehr in der Gesellschaft, von Entwicklung und Sicherheit, von Wirtschaft und Sicherheit, der Cybersicherheit sowie die Herausforderungen der Krisenfrüherkennung und letztlich die Perspektiven der Bundeswehr selbst erörtert.
An den Workshops nahmen mehr als 1800 Gäste sowie mehr als 100 nationale und mehr als 50 internationale Experten teil. Hinzu kamen rund 70 Vorträge in ganz Deutschland mit mehr als 2000 Teilnehmern und etwa 400 Fachgespräche mit mehr als 700 nationalen und internationalen Teilnehmern.
„Die inklusive Ausrichtung des Prozesses hat schon jetzt zur gewünschten Intensivierung der sicherheitspolitischen Debatte geführt, die zunehmend die breitere Öffentlichkeit erreicht“, erläuterte Werneke. Unterdessen sei hinsichtlich der endgültigen Fassung derzeit noch vieles im Vagen. „Es gibt noch kein fertiges Weißbuch; was wir jetzt haben, wird sicher nochmals auf die Probe gestellt und kräftig geschüttelt; tagesaktuelle Änderungen können nicht ausgeschlossen werden“, erklärte der GSP-Gast.
Zu den vorrangigen Zielen der Autoren zählt derzeit die Herbeiführung eines Kabinettsbeschlusses noch vor der Sommerpause des Parlaments.
In Deutschland sind bislang zehn Weißbücher erschienen – das erste 1969 unter Verteidigungsminister Gerhard Schröder mit dem Titel „Weißbuch zur Verteidigungspolitik der Bundesrepublik“. Beginnend mit dem 1970 unter Helmut Schmidt publizierten Nachfolgebuch ging eine Erweiterung des Betrachtungshorizonts auf die Perspektive der Sicherheitspolitik einher.
Weißbücher sind von zentraler Bedeutung, da sie verbindliche politische Vorgaben für die Ausgestaltung und Schwerpunktsetzung der militärischen Fähigkeiten der Bundeswehr machen. Dieser Zusammenhang wird bei der Neuauflage bereits im Titel deutlich – „Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr“.