Meißen/Bückeburg. Eine volle Breitseite hat der Plan einer neuen Bahntrasse zwischen Achum und Porta Westfalica auf der jüngsten Info-Veranstaltung der Bürgerinitiative Bigtab in Meißen erhalten. Politiker aus dem kommunalen wie dem bundespolitischen Bereich sprachen sich entschieden gegen das im Entwurf des Bundesverkehrswegeplans unter der Kennziffer 2-016-V01 bekannt gewordene Vorhaben aus, zwischen Achum und Porta Westfalica eine vollständig neue Trasse zu errichten, die unter anderem eine Untertunnelung der Ortsteile Evesen und Lerbeck sowie mehrere über zehn Meter hohe Brückenkonstrukte vorsieht. Das Interesse war wie schon beim letzten Info-Abend der Bigtab in Bückeburg enorm: In der Aula der Grundschule Meißen im Forstweg blieben nur wenige Sitzplätze frei.
„Verkehrspolitisch total unsinnig und überflüssig“, nannte der Bundestagsabgeordnete Achim Post (SPD) die Bahnpläne, insbesondere im Hinblick auf die geplante Untertunnelung des Wiehengebirges. „Das ist der größte Schwachsinn und Wahnsinn, von dem ich je gehört habe.“ Mit einem ganzen Bündel politischer Maßnahmen will der Mühlenkreis-Abgeordnete gegen das Bauvorhaben vorgehen: So sei bereits Umweltministerin Barbara Hendricks darauf sensibilisiert worden, sich das Projekt „ganz genau“ anzusehen. Als Vorsitzender der NRW-Landesgruppe der SPD-Bundestagsfraktion will Post zudem erreichen, dass das Land Nordrhein-Westfalen eine Stellungnahme abgibt. „Und zwar eine ganz klare und unmissverständliche, dass dieses Projekt abgelehnt wird, und nichts im verschwiemelten Beamtendeutsch, aus dem man alles herausinterpretieren kann.“
Post will auch rechtzeitig die SPD-Abgeordneten aus dem ebenfalls betroffenen Niedersachsen, die CDU-Parlamentarier und nach Möglichkeit auch die Abgeordneten der Opposition mit ins Boot holen. Am 29. April werde es zudem ein Gespräch der heimischen Abgeordneten im Bundesverkehrsministerium geben. „Danach wissen wir, wie der Hase läuft.“ Ziel müsse sein, dass bei der Verabschiedung des Bundesverkehrswegeplans im Kabinett dieses Projekt nicht mehr darin enthalten sei.
Die deutlichsten Worte gegen den geplanten Trassenneubau fand der Mindener SPD-Politiker Lothar Ibrügger: Der ehemalige Staatssekretär verwies auf das seit 2004 bestehende Schienenausbaugesetz, welches die Verbreiterung der vorhandenen Bahnlinie auf vier Gleise verbindlich vorschreibe. Es ärgere ihn schwarz, dass dieses Gesetz bis heute nicht vollzogen sei, wetterte Ibrügger. Dabei habe die für das Schienennetz zustände DB Netz AG niemals eine neue Trasse gefordert, vielmehr habe der Bundesverkehrsminister ganz allein diese Idee wieder aus der Schublade geholt. Die in dem Entwurf genannten Kosten von knapp 1,9 Milliarden Euro schätzte Lothar Ibrügger in Wahrheit auf mehr als das Doppelte: „Die Kosten aller Bauprojekte der öffentlichen Hand liegen am Ende grundsätzlich immer viel höher als im Plan angegeben.“ Dabei sei das Argument der acht Minuten Fahrzeitverkürzung zwischen Hannover und Bielefeld null und nichtig: „Schließlich müssen die Leute auch mal umsteigen. Alle Fahrzeiteinsparungen durch die neue Strecke verpuffen daher durch die Verspätungen des Regional- und Personennahverkehrs in den Knotenpunkten.“
Den Portaner Bürgermeister Bernd Hedtmann bringen nicht nur die ökologischen Schäden durch einen Trassenneubau, sondern auch die Abkopplung Mindens vom Schnellverkehr der Bahn um den Schlaf. „Es ist für potenzielle Investoren eine enorm wichtige Standortfrage, ob ich in Minden in einen Fernzug einsteigen kann oder nicht.“
Zusammen mit der Bürgerinitiative Bigtab will Hedtmann den heimischen Bundestagsabgeordneten ein klares Votum mit auf den Weg geben: „Eine ganze Region lehnt diesen Neubau geschlossen ab.“ Bigtab-Sprecher Thomas Rippke appellierte an alle Besucher, möglichst umfangreich von der Möglichkeit einer Stellungnahme gegen die Bahnpläne Gebrauch zu machen.
Unter den zahlreichen Zuhörern hielten sich angesichts der vorgestellten Planungen für den möglichen Trassenverlauf Entsetzen und Belustigung in etwa die Waage. Vor allem die Vorstellung, dass die neue Trasse zunächst unter Evesen durch einen Tunnel verlaufen solle, um direkt dahinter über ein mindestens zwölf Meter hohes Brückenbauwerk sowohl die alte als auch die neue Bundesstraße 65 in Richtung Lerbeck zu überqueren, löste noch im Anschluss auf der Straße unter einigen Besuchern schallendes Gelächter aus. Der Tenor: „Da ist ja wirklich der Colossos im Heidepark Soltau gar nichts dagegen!“
Auf ihrer Homepage informiert die Bürgerinitiative Bigtab über die Möglichkeiten, gegen die Trassenpläne eine Stellungnahme abzugeben: www.bigtab.info