In den vergangenen Jahren hatten die Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages immer wieder Probleme bei der Heeresfliegertruppe und am IHTC in Bückeburg aufgezeigt, sei es die Einsatzfähigkeit des NH 90, fehlende Flugstunden oder Fluglehrer. Im Bericht 2022 nicht, vielmehr wird gelobt – bis auf einen entscheidenden Punkt.
BÜCKEBURG. Es ist in den vergangenen Jahren selten vorgekommen, aber: Die Heeresfliegertruppe wird im jüngsten Bericht der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Eva Högl, gelobt – und zwar für die Verfügbarkeit der Luftfahrzeuge NH 90. Im Weiteren moniert sie aber in einem Einzelfall fehlende persönliche Ausrüstung – und die Verfügbarkeit eines Fliegerhelms mit ballistischem Schutz.
Bessere Verfügbarkeit des Transporthubschrauber NH 90 in Bückeburg
Wie die Wehrbeauftragte feststellt, sei die Entwicklung der Verfügbarkeit des mittleren Transporthubschraubers NH 90 für Ausbildungszwecke am Internationalen Hubschrauberausbildungszentrum Bückeburg (IHTC) erfreulich. Der Bundeswehr sei es bis zum Ende des Berichtsjahres gelungen, die im Jahr 2021 reduzierte Ausbildungskapazität wieder zu erhöhen. Dazu beigetragen habe die bessere Verfügbarkeit von NH 90-Luftfahrzeugen, die Unterstützung der beiden Transporthubschrauberregimenter mit Luftfahrzeugen und Personal sowie die aufgrund der nunmehr etablierten Führung des Kommandos Hubschrauber in Bückeburg verbesserte Koordinierung zwischen dem IHTC und den Transporthubschrauberregimentern. Die Wehrbeauftragte wörtlich: „Dies ist insgesamt sehr zu begrüßen.“
Ein Lob, das der erste Kommandeur des Kommandos Hubschrauber, General Flugbetrieb Heer und General der Heeresfliegertruppe, Brigadegenerals Ulrich Ott, dieser Tage mit einem freudigen und einem weinenden Auge aufnehmen wird. Denn zum Monatsende wird er nach Stadtallendorf als Stellvertreter des Kommandeurs der Division Schnelle Kräfte (DSK) versetzt. Sein Nachfolger wird Brigadegeneral Dr. Volker Bauersachs.
Schwerer Transporthubschrauber CH-47 F „Chinook“ soll ab 2026 eingeführt werden
Kein Thema im Wehrbericht sind die Probleme rund um den Kampfhubschrauber „Tiger“ wie etwa dessen Verfügbarkeit oder technische Aufrüstung. Thematisiert wird dagegen der Transporthubschrauber CH-53, der vor über zehn Jahren im Zuge der Bundeswehrreform von der Heeresfliegertruppe zur Luftwaffe transferiert wurde. Hier habe sich der im letzten Jahresbericht bemängelte unzureichende Versorgung mit Ersatz- und Austauschteilen verbessert. Aufgrund des Alters des Waffensystems – seit 1972 bei der Bundeswehr im Einsatz – seien Lieferengpässe und somit negative Auswirkungen auf die zur Verfügung stehenden Flugstunden zu befürchten.
Der geplante Zulauf des Schweren Transporthubschraubers CH-47 F „Chinook“ ab 2026 sollte eine zeitgerechte Ablösung der CH-53 bis zu dessen Nutzungsende 2030 schrittweise ermöglichen, stellt die Wehrbeauftragte fest. Da Piloten und Mechaniker verschiedener Nationen für dieses System bereits ausgebildet sind, würden durch die weltweite breite Nutzung des Hubschraubers die mit Beschaffungsvorhaben diesen Umfangs typischerweise einhergehenden technischen, zeitlichen und finanziellen Risiken sinken. Erst kürzlich waren die Niederlande mit drei „Chinooks“ in Bückeburg zu Übungen im Einsatz (wir berichteten).
Notfallsanitäter auf NH 90 muss ohne Gefechtshelm nach Mali
Wie in den Berichtsjahren zuvor gab es auch 2022 erneut Probleme mit Ausrüstung und persönlicher Ausstattung für den Einsatz. Hier führt die Wehrbeauftragte das Beispiel eines in Gao als Notfallsanitäter auf einem Hubschrauber NH 90 eingesetzten Soldaten an, der seinen Gefechtshelm – trotz aller Bemühungen – nicht rechtzeitig vor dem Einsatz erhalten habe. Dieser sei aber dringend notwendig, um am Teamfunk teilzunehmen und über zusätzlichen ballistischen Schutz zu verfügen. Die Wehrbeauftragte: „Es ist schwer nachvollziehbar, dass ein Soldat, der für die im Ernstfall lebenswichtige Funktion des Notfallsanitäters im Einsatzland vorgesehen war, nicht automatisch und frühzeitig den Helm erhalten habe.“ Damit sei die Sicherheit der gesamten Hubschrauberbesatzung unnötig gefährdet gewesen, bemängelt Eva Högl.
Beschaffung eines Standard-Fliegerhelms dauert über zehn Jahre
Deutlich Kritik übt die Wehrbeauftragte am über zehnjährigen Beschaffungsprozess eines Fliegerhelms mit ballistischem Schutz, der bis in das Jahr 2013 zurückreicht. Zunächst hätten sich die Bedarfsträger bei Heer, Luftwaffe und Marine abstimmen müssen, erst dann sei Projektierung und Bereitstellung von Haushaltsmitteln erfolgt. Als besonders zeitraubend habe sich dann erwiesen, dass der Fliegerhelm als Luftfahrtgerät einer Musterprüfung unterliege und deshalb die Durchführung einer luftfahrtechnischen Musterzulassung inklusive der Nachweisführung für sieben verschiedene Huschraubermuster sehr komplex und umfangreich ausgefallen sei. Im dritten Quartal 2023 soll der Standardhelm ausgeliefert werden – der übrigens ein marktverfügbares Produkt und bei den US-Streitkräften seit den 1990-er Jahren in Gebrauch ist. Die Wehrbeauftragte dazu: „Dieses Beispiel zeigt, dass noch immenses Potenzial besteht, die Beschaffung innerhalb der Bundeswehr zu optimieren.“