BÜCKEBURG. Schüler des 10. Jahrgangs am Adolfinum haben das Konzentrationslager Bergen-Belsen besucht – und bekamen einen Eindruck davon, was Unmenschlichkeit vermag.
„Wie schrecklich der Anblick – ein Waggon voller Menschen“, heißt es in einem Gedicht von Janka Hescheles. Das zwölfjährige jüdische Mädchen hält darin fest, wie es den Transport in ein Konzentrationslager erlebt hat. In Bergen-Belsen erinnert man mit einem Waggon an Deportation und Selektion. Die Schüler des 10. Jahrgangs am Adolfinum konnten sich bei einem Besuch in der niedersächsischen Gedenkstätte einen Eindruck davon verschaffen.
Der Holocaust gehört im Fach Geschichte zum verbindlichen Unterrichtsstoff. Geschichtslehrer Sebastian Mietzner, der die Fahrt organisiert hat, betont, dass selbst die schlimmsten Zahlen über NS-Verbrechen, etwa die 5,6 bis 6,3 Millionen ermordeten europäischen Juden, für die Jugendlichen recht abstrakt bleiben. Dem will man in Bergen-Belsen entgegenwirken durch Text-, Foto- und Filmdokumente. „Nachdenklichkeit und Betroffenheit machten sich im Laufe des Tages in Anbetracht der grausamen Vorgehensweise vielfach breit“, berichtet der Historiker. Natürlich gehören auch Basisinformationen über die wechselvolle Geschichte des Lagers zum Pensum.
Wenn davon die Rede ist, dass Menschen aus Hunger Baumrinde essen, das schockiert immer noch. Inhaftierte Kinder, heißt es, hätten gelegentlich „KZ-Häftling und SS-Aufseher“ gespielt – eine gespenstische Vorstellung, aber womöglich auch ein Ventil für das Unfassbare. Eindrücke und Gedanken der Schüler angesichts solcher Ereignisse und Erfahrungen wurden in den kommenden Tagen im Unterricht aufgegriffen.
Die Hakenkreuz-Schmierereien am Schulgebäude waren erst kurze Zeit vor der Exkursion auf Initiative der Schulleitung zum Anlass genommen worden, in allen Klassen und Jahrgängen über solche mit Verbot bewehrten Symbole aus der NS-Zeit zu sprechen. In Bergen-Belsen bekamen die Zehntklässler nicht nur durch Bilder von abgemagerten Skeletten einen Eindruck davon, was Unmenschlichkeit alles vermag, wenn nicht Einhalt geboten und Widerstand geleistet wird. Bei Hescheles ist zu lesen, von Kinderhand notiert, als öffnete sich gerade die Waggontür: „Willst du leben, so spring, lauf, fliehe…“