KRAINHAGEN. Es passte sehr gut und es passte sehr schnell: Nur ein Probedirigat war notwendig, dann waren sich der Mann vorn am Pult und die Männer und Frauen mit den Instrumenten sicher: Es gibt einen Nachfolger für Roman Reckling, künftig wird also Sven Schnee das Blasorchester Krainhagen als Dirigent leiten.
Schnee, 1977 in Bamberg geboren, wird die Musik in die Wiege gelebt. Musikalische Familie, mit zehn Jahren erhält er den ersten Musikunterricht, Keyboard und Blockflöte. Mit zwölf Jahren beginnt er sein Hauptinstrument Klarinette, Saxofon und Klavier kommen dazu. Dann Abitur, Wehrdienstzeit im Heeresmusikkorps 4 in Regensburg, klassisches Klarinettenstudium an der Hochschule für Musik Nürnberg-Augsburg, der Abschluss als Diplom-Musiklehrer erfolgt 2003.
Sven Schnee ist Diplom-Musiker und staatlich anerkannter Dirigent für Blasorchester. Zehn Jahre leitete er bis 2021 die Bückeburger Jäger, seit zwei Jahren dirigiert er das sinfonische Blasorchester Burgstemmen. Dieses Dirigat wird er nicht aufgeben, dem Orchester nahe Hildesheim wird er als Dirigent treubleiben, alles eine Frage der Organisation der Termine.
Er macht ja nicht alles allein, denn die Vereinsarbeit, sagt Schnee, funktioniert nur, wenn sie auf mehrere Schultern verteilt ist, und es muss natürlich menschlich-musikalisch passen zwischen Dirigent und Orchester. Auf beiden Seiten sei nach dem Probedirigat im März klar gewesen: Das machen wir.
Leitet ein Dirigent heute noch karajanmäßig ein Orchester?
Und damit gleich zur ersten Frage: Wie arbeitet ein Dirigent heute? Immer noch als der Mensch, der vorn steht und karajanmäßig die Führung übernimmt? Der die Richtung anzeigt? Oder ist heute eher der Teamplayer gefragt? „Sehr demokratisch“, antwortet Schnee, muss ein musikalischer Leiter heute sein, „die herrisch-diktatorischen Dirigenten sind heute nicht mehr so gefragt.“ Wichtig ist ihm ein anderer Punkt: „Man muss als Dirigent authentisch sein“, sagt Schnee, „du kannst da vorn nicht jemanden darstellen, der du nicht bist. Das kriegt ein Orchester ganz schnell mit.“
Wie ein Orchester Glücksgefühle pur erzeugen kann
Schnee ist am Pult kein heuriger Hase, er weiß, was nach einem Dirigentenwechsel folgen wird: „Ein paar Musiker verlassen das Orchester, ein paar neue Musiker kommen hinzu“, ganz normale Fluktuation also, aber: „Alle erhoffen sich frischen Wind.“
Man lernt als Dirigent nie aus, sagt Schnee, das ist bei den Musikern ja auch so. Aber wenn man vorn steht, wenn man spürt, wie die Musiker den Zeichen folgen, wie sie lauter oder leiser werden, wie sie annehmen und übernehmen und umsetzen, was angezeigt wird, „das sind das Glücksgefühle pur“, sagt Schnee.
Am Freitag ist die erste offizielle Probe, aber der Termin wird demnächst umgelegt, dann treffen sich Orchester und Dirigent mittwochs in der TSV-Vereinshalle, anders geht es nicht, hatte Schnee erklärt, und hätte da Blasorchester einem Terminwechsel nicht zugestimmt, dann wäre es nichts geworden mit dem gebürtigen Bamberger und dem besten symphonischen Blasorchester weit und breit.
Inhaltlich wird sich nichts ändern, wenn Schnee fortan den Taktstock schwingt, „es bleibt ein symphonisches Blasorchester mit dem Schwerpunkt Filmmusik, Pop und Rock“, erklärt er, und er findet diesen Schwerpunkt auch völlig richtig gesetzt, „nur so kann man ein Orchester dieser Größe erhalten.“
Und was hört der neue Dirigent daheim an Musik?
Die Frage nach den persönlichen musikalischen Vorlieben kann man sich bei einem ehemaligen Studenten der Klassik eigentlich schenken, aber der Form soll dennoch Genüge getan werden. Also: Was hört Sven Schnee in seinen eigenen vier Wänden? „Klassik, sehr viel Klassik“, sagt er, und Jazz sowie symphonische Blasmusik.
Was er nicht hört, erzählt er ebenfalls: Es ist die traditionelle Blasmusik, also beispielsweise Ernst Mosch und seine Egerländer mit ihrem Herz, Schmerz und dies und das. Und weil Schnee um den Wert einer perfekten Pause weiß, setzt er sie hier. Nach der kurzen Stille kommt die Pointe: 2011 war er Europameister in der Profistufe.
Und zwar in der Sparte „böhmisch–mährische Blasmusik“.