RINTELN. Ab diesem Jahr greift das „ökologische Mähkonzept“ der Stadt Rinteln, das die Ränder und Säume der Wege zu einem ökologisch wertvolleren Raum machen will. Das wird auch die Optik in der Stadt ändern, denn viele Grünflächen sollen künftig seltener und anders gemäht werden als bisher:
RINTELN. Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich darauf einstellen, dass die Grünstreifen und Säume in Rinteln künftig natürlicher aussehen werden als sonst: Ab diesem Jahr greift das „ökologische Mähkonzept“ der Stadt, das vor rund zwei Jahren von Stadt, Bauhof und der AG „ökologische Mahd“ des Nabu Rinteln angestoßen worden ist. Was das bedeutet, erklärten die Beteiligten gestern auf einem Pressetermin gemeinsam mit Landschaftsarchitekten des Mindener Büros für Landschaftsarchitektur o.9, die das Konzept entwickeln.
Das Konzept dient dazu, die Säume als wertvolle Lebensräume für Pflanzen und Tiere zu erhalten. Kostenpunkt: 80 000 Euro bei 44 000 Euro EU-Zuschuss. Unter anderem wird seltener gemäht, damit sich nicht nur schnell wachsende Gräser durchsetzen und so eine Grünfläche nährstoffarm machen.
In früheren Jahren waren die Grünflächen früh und mehrmals im Jahr raspelkahl gemäht worden. Blühende Blumen und Kräuter, die Insekten als Nahrung und anderen Tieren als Versteck und Lebensraum dienen, wurden so immer wieder vernichtet. Damit soll nun Schluss sein. Konkret heißt das: In diesem Jahr wird ab Mitte oder Ende Juli gemäht.
Außerdem soll anders gemäht werden als sonst, damit empfindliche Kräuter nicht zerstört werden und auch nicht so viele (brütende) Vögel oder Insekten verscheucht oder gar getötet werden. Eine Überlegung lautet, die Mähmaschinen etwas umzurüsten, um Insekten vor der Mahd aufzuschrecken.
Anstatt wie bislang das geschnittene Gras liegen zu lassen, soll es künftig abgeräumt werden. Denn dieses sogenannte Mahdgut führt laut Landschaftsarchitektin Elvira Pass dazu, dass kaum Licht, dafür aber viele Nährstoffe an die Fläche darunter kommen, was wiederum für viele wertvolle Kräuter das Leben schwer mache.
Hier offenbart sich jedoch die Schwäche des Mähkonzepts: Wer genau wie dieses Mahdgut abräumt, ist bislang unklar. Klaus-Ulrich Hartmann, Leiter des städtischen Baubetriebshofs, schätzt, dass 70 bis 80 Kilometer Wegsaum betroffen sind; insgesamt muss sich der Bauhof um rund 180 Kilometer Wegsaum kümmern. Dass der Bauhof diese Fläche per Hand abräumt, ist „illusorisch“, sagt Hartmann – und Maschinen für eine solche Arbeit gebe es noch nicht. Doch: Der Bauhof stehe im engen Kontakt mit den Herstellern, sagt Vertreter Daniel Spönemann. In „vier bis fünf Jahren“ könnte es marktfähige Modelle geben. Bis dahin ist Einfallsreichtum gefragt.
Derweil hat Maria Rollinger vom Nabu eine Idee: Freiwillige könnten das Mahdgut doch, wie früher, per Harke und Rechen aufsammeln. Sowieso müsse man sich wieder mehr an den alten Methoden der Landwirtschaft orientieren. Am ökologisch wertvollsten wäre übrigens die Mahd mit einem Handrasenmäher. Wichtig sei, so Rollinger, auch die Landwirte in das Konzept einzubeziehen, die über eine große Expertise verfügten.
Der andere Mäh-Rhythmus wird auch zu einer neuen Optik in der Stadt führen: „Es muss ein Umdenken stattfinden“, so Hartmann. Eines steht für alle Beteiligten jedoch klar: Die Verkehrssicherheit wird weiter gewahrt, die Sicherheit von Fußgängern und Verkehrsteilnehmenden soll natürlich nicht leiden.
„Wir werden in den nächsten Jahren noch viel dazulernen“, sagt Hartmann mit Blick auf das Mähkonzept, das nun stetig weiterentwickelt werden soll.
Wolfgang Hanke vom Büro o.9 betont, dass natürliche Wegsäume auch wichtig sind, weil sie einen sogenannten Biotopverbund bilden: Werden viele verschiedene Säume erhalten, können die Tierarten zwischen ihnen umherwandern und sorgen so auch für den genetischen Austausch der Arten. Monokulturen wie Maisfelder würden hingegen für viele Tierarten, auch Vögel, eine Barriere darstellen.
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