Auetal (maro).
Auf ein sehr zwiespältiges Echo sind die eingezäunten Bepflanzungen entlang der Aue bei den betroffenen Grundstücksbesitzern und Anliegern gestoßen. Eigentümer der insgesamt acht Hektar großen Flächen beklagen die rüden Methoden, mit denen sie von der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau zum Verkauf gezwungen waren. Landwirt Fritz Söhlke aus Rehren erinnert sich: "Da gab es überhaupt keinen Verhandlungsspielraum: Wer den Kaufvertrag nicht unterschreiben wolle, dem wurde sofort mit Zwangsenteignung gedroht." Was die Anrainer von Borstel zusätzlich drückt: Sie befürchten verstärkte Hochwassergefahren, wenn sich die Aue nach der Einzäunung nicht mehr auf angrenzendem Ackerland unbehindert ausbreiten kann.
Die Anwohner der vom Hochwasser gefährdeten Mühlenstraße in Borstel befürchten einen Rückstau der Aue, wenn ihr bisheriges Überschwemmungsgebiet unterhalb der Straßenbrücke durch dichte Bepflanzung und engmaschige Wildschutzzäune eingeengt wird.
Hier hat sich Rudolf Kuhlmann nur widerwillig von einem Grundstücksstreifen getrennt. Er hatte das bisherige Ackerland in Grünland umwandeln wollen, um der Aue mehr Platz zu geben. Nach seiner Auffassung wird sich der eingezäunte Pflanzstreifen in wenigen Jahren zu einem dichten Hindernis für das Wasser entwickeln. Und schon jetzt sei zu befürchten, dass sich der Zaun bei Hochwasser schnell mit Schwemmgut zusetzt.
Das sind Argumente, die die Gemeindeverwaltung, die bisher in die Bepflanzungspläne nicht eingeweiht war, zu einer schnellen Reaktion veranlassten. Sobald sich Verwaltungs-Vize Thomas Priemer davon überzeugt hatte, dass hier die Pflanzstreifen tatsächlich im amtlich ausgewiesenen Überschwemmungsgebiet liegen, setzte er sich spontan mit der Unteren Wasserbehörde des Landkreises in Verbindung. Weil auch dort niemand über die Pflanzstreifen informiert war, wollen sich Vertreter des Landkreises und der Gemeinde sehr kurzfristig mit der Landesbehörde für Straßenbau zu einem Ortstermin in Borstel treffen. Dabei wird zu klären sein, ob dieser Eingriff in das Überschwemmungsgebiet zulässig war oder wie man eine eventuelle Gefährdung verringern kann. Dazu Priemer: "Wir werden als Gemeinde alles tun, um unsere Bürger vor Hochwassergefahren zu schützen."
Zusätzlich ärgern sich Söhlke und andere Verkäufer, dass sie keinen Einfluss auf die Höhe ihrer Entschädigung hatten. Nach seiner Meinung entsprach sie nicht dem tatsächlichen Wert: "Auf dem freien Markt hätte ich bestimmt einen Euro mehr pro Quadratmeter erhalten." Bei den halben Hektar, den er verkaufen musste, machte das immerhin einen Unterschied von 5000 Euro.
Verständnis für solche Verärgerung zeigte Rolf Hormann, der Leiter der Landesbehörde in Hameln. Er gab zu: "Die sofortige Androhung der Enteignung klingt sehr brutal." Auch wenn er es nicht für sonderlich freundlich hält, wenn jemand aus seiner Behörde die Verkaufsgespräche gleich unter solchem Druck geführt haben sollte, bleibe dem Amt im Zweifelsfall keine andere Wahl. Einen Verhandlungsspielraum gebe es nicht, sobald ein Planfeststellungsverfahren unter Beteiligung der Träger öffentlicher Belange abgeschlossen ist. Dann sei seine Behörde an die Richtwertkarte des Katasteramts gebunden.
Wer sich damit nicht abfinden könne, müsse nach den gesetzlichen Vorgaben mit einem Enteignungsverfahren rechnen. Alternativ dazu bliebe nur ein langwieriges so genanntes Entschädigungsfeststellungsverfahren.
Allerdings, so Hormann weiter: "Das kann aber für den Grundstücksbesitzer leicht ein Schuss nach hinten werden."
Denn dabei könne ein Gutachter auch einen Wert festlegen, der unter dem angebotenen Preis liegt.