Rehren. Als er 1991 das erste Mal für den Auetaler Rat kandidiert hat, da hat sich Rolf Wittmann auf einem Infoblatt vorgestellt: 34 Jahre, seit neun Jahren wohnhaft in Bernsen, Elektroinstallateur, aber zurzeit Hausmann.
Rehren. Als er 1991 das erste Mal für den Auetaler Rat kandidiert hat, da hat sich Rolf Wittmann auf einem Infoblatt vorgestellt: 34 Jahre, seit neun Jahren wohnhaft in Bernsen, Elektroinstallateur, aber zurzeit Hausmann.
Man kann sich die Reaktionen durchaus vorstellen. Ein Grüner? Im Gemeinderat? Und was, bitte schön, ist ein Hausmann?
Wittmann wurde gewählt und stellte Anträge. Nicht nur einen oder zwei, sondern gleich im halben Dutzend. Und die Verwaltung in Rehren? Die ließ diese Anträge erst mal liegen, bearbeitet wurden sie nicht. Also schaltete der Grüne die Kommunalaufsicht ein und aus Stadthagen wurde das Rehrener Rathaus informiert, wie man die Anträge zu behandeln habe, nämlich wie alle anderen Anträge auch. Wenig später lagen sie im Auetaler Rat vor: Solidarität für die Kaffeebauer im armen geplagten Nicaragua, aber auch die Einrichtung von Tempo-30-Zonen – das forderte der politische Neuling.
Ein Vierteljahrhundert später kann Wittmann im Spiegelsaal der Alten Molkerei eine Anekdote an die andere reihen, und wenn der grüne Großvater erzählt, dann klingt das nach Geschichten aus einer anderen, lange zurückliegenden Zeit.
Wittmann will an diesem Abend ein bisschen über Kommunalpolitik plaudern, und er will das Team für die Kommunalwahl vorstellen, vier Kandidaten wird es geben (bislang), und drei Sitze im nächsten Gemeinderat sollen es schon werden, die Auetaler Ortsgruppe tritt mit gesundem Selbstbewusstsein und breiter Brust an.
Anke Schmidt aus Rehren wird die Liste der Kandidaten anführen, Rolf Wittmann folgt auf Platz zwei, auf dem dritten Listenplatz findet sich Bela Lange wieder, die bei der jüngsten Bürgermeister-Wahl nur hauchdünn gegen Heinz Kraschewski verlor, auf Platz vier stellt sich der Rolfshäger Peter Weiner zur Wahl. Noch ist die Liste nicht abgeschlossen, theoretisch könnte noch der eine oder andere Kandidat folgen, am 8. Juni wird offiziell die Kreismitgliederversammlung die Liste absegnen.
Anke Schmidt jedenfalls hat sich für ihren Wahlkampf schon ein Fahrrad gekauft, in grün und ohne elektrische Unterstützung, aber mit einem Korb vorn für die Sonnenblumen, die sie verteilen wird.
Einiges hat man erreicht, sagt Wittmann an diesem Abend, und anderes, für das man damals eingestanden habe, sei heute selbstverständlich geworden. Wohl wahr: Der Umweltschutz, für den die grünen einst antraten, ist seit Jahren in der Mitte der Gesellschaft verankert, alle Parteien haben ihn in ihrem Programm aufgenommen, und die Grünen, so dachte man, seien Opfer ihres Erfolges, sie hätten sich überlebt.
Dann passierte das furchtbare Reaktor-Unglück in Fuku-shima, dann kam Winfried Kretschmann.
Und wie eine Folie lässt sich das Ergebnis der letzten Landtagswahlen über das kleine Auetal legen, denn wenn die jüngsten Siege von Winfried Kretschmann und Malu Dreyer eines gezeigt haben, dann doch dies: Personen sind so wichtig wie nie in Zeiten, in denen immer weniger Wähler noch eine dauerhafte Bindung an eine politische Partei haben.
Gestalten, ohne die
Finanzen zu belasten: „Das ist ja die Kunst“
Natürlich sind die Zeiten nicht besser geworden, seit er das erste Mal in den Gemeinderat einzog, sagt Wittmann, die letzten Jahren seien Jahre der Mängelverwaltung geworden, aber einen gewissen Spielraum habe man noch immer, ohne die Gemeinden noch stärker zu belasten, „das ist ja die Kunst, das andere kann jeder“.
Was also wollen die Grünen in der nächsten Wahlperiode anpacken, was steht oben auf der Liste der abzuarbeitenden Probleme? WLAN, sagen die Kandidaten, WLAN steht ganz oben, öffentlich und an neuralgischen Punkten, und natürlich sichere Schulwege, vor allem in der Schulstraße, wo sich alle eine Umwidmung in eine Spielstraße vorstellen könnten, denn damit wäre das Problem der dort abends parkenden Fahrzeuge ebenfalls vom Tisch.
Rad- und Wanderwege sollen ausgebaut werden, alles soll stärker in den Tourismus eingebettet werden, und Ladestationen für E-Bikes sollen auch angeboten werden, etwa auf dem Marktplatz in Rehren oder im Freibad zu Rolfshagen. Die Förderung der regenerativen Energien versteht sich als grüne Aufgabe fast von allein.Über allem, so Wittmann, stehe in der nächsten Wahlperiode indes die Frage, wo das Auetal, wo die Gemeinde hinwolle. Man habe viel ländlichen Bereich, aber auch ein bisschen Industrie, ein bisschen hiervon und davon. Die Zukunftsentwicklung der Kommunen sei generell eine Herausforderung, meint Bela Lange, und zu lösen sei sie im Auetal nur im Dialog mit allen Ratsmitgliedern.
Politischer Erfolg hat
für Rolf Wittmann persönliche Folgen
Ein letztes Mal kommt die Sprache auf Baden-Württemberg und die schwarz-grüne Koalition zu sprechen. Ein mögliches Modell für das Auetal? Und hat es nach anderen Wahlen im Auetal Gespräche mit der CDU gegeben? Die waren nicht notwendig, sagt Wittmann, man hatte ja eine Mehrheit, und bei den Grundthemen habe man das eine oder andere Mal „weit auseinandergelegen“.
Ganz am Schluss erzählt Wittmann noch von einem Erfolg in der grünen Auetal-Politik. Für die Feuerwehr hat er eine Satzung zur Kostenerstattung durchgesetzt; wer Einsätze verursacht, kann seitdem zur Kasse gebeten werden. Dass die neue Satzung prima funktioniert, hat Wittmann schnell mitgekriegt: Am Motorrad ist ihm in Rehren ein Simmerring gerissen, und vom Marktplatz bis zu seinem Haus in Bernsen zog sich dann eine schöne Ölspur.
Die Feuerwehr hat sie natürlich abgestreut – und ihm die Rechnung geschickt.