Rinteln (crs).
Mathe und Physik fallen schon seit Wochen aus, Erdkunde genauso, auch Englisch und Religion finden nicht statt: Das ist der ganz normale Schulalltag einer siebten Klasse am Gymnasium Ernestinum. Die Unterrichtsversorgung ist katastrophal wie lange nicht mehr - und eine Lösung der Probleme ist nicht in Sicht.
"Am guten Willen scheitert es nicht", sagt Schulleiter Reinhold Lüthen. Schuld sei vielmehr der eklatante Nachwuchs-Mangel: Lüthen sieht Kultusministerium und Landesschulbehörde schlichtweg nicht in der Lage, die Schule mit Lehrern für die Mangelfächer zu versorgen. "Und ein Deutschlehrer ist kein Ersatz für einen Physiklehrer - dann stimmt zwar die prozentuale Unterrichtsversorgung, aber eben nicht die inhaltliche."
Ganz dringend werden Physik- und Latein-Lehrer gesucht, ebenso Pädagogen für Musik, Kunst und Chemie. Gut versorgt ist die Schule hingegen mit Deutsch-, Geschichte- und Biologie-Lehrern.
Grund für die akuten Probleme am Ernestinum sind eigentlich freudige Entwicklungen: Zurzeit sind fünf Lehrerinnen schwanger. "Allein zwei im Fachbereich Kunst, da wird's dann schnell eng", sagt Lüthen. Hinzu kommen langfristige Erkrankungen weiterer Kollegen.
Die Schulleitung zeigt sich dabei flexibel: "Wir sind dabei,über private Kontakte Lehrer aus ganz Niedersachsen zu fischen", sagt Lüthen. Außerdem geht die Suche mittlerweile über Schulformen hinweg: Auch Haupt- oder Realschullehrer wären gern gesehen, ebenso wie Quereinsteiger aus der Industrie. Doch selbst da wird es schwierig, Nachwuchs zu finden: "Der Markt ist leer."
Lüthen schildert die Dramatik am Einzelfall: Zum 1. Februar sollte eine Feuerwehr-Lehrkraft am Ernestinum beginnen, war mit 16 Stunden fest eingeplant - am Freitag hat Lüthen die Absage bekommen: Die Kollegin hat anderswo kurzfristig eine reguläre Stelle bekommen.
Immerhin: Zum 1. Februar, zum 1. März und zum 1. Mai werden drei junge Lehrer eingestellt, die direkt aus dem Referendariat übernommen werden. Deswegen auch der ungewöhnliche Einstellungstermin im Mai: "Diesen Kollegen im Stundenplan unterzubringen, bedeutet einen Riesen-Aufwand", sagt Lüthen, "es kommt überhaupt keine Ruhe rein."
Für das Ernestinum wird sich das Problem in den kommenden Jahren noch verschärfen. Mehrere Kollegen mit der Fächerkombination Mathe/Physik gehen in den Ruhestand. Als nicht gerade rosig bewertet Lüthen daher die Zukunft: "Dann wird es ganz, ganz eng."