Bückeburg (tw).
Sie erlebten zwei Weltkriege, Flucht und Vertreibung oder kamen seit den 60er Jahren auf Jobsuche aus Italien in den Landkreis. Sie erlebten das Aufkommen von Radio und Fernsehen, Auto und Kühlschrank. Familien im 20. Jahrhundert. Mitten in Schaumburg. Was ihnen allen, egal ob Ackerbürger oder "Gastarbeiter", gemeinsam ist: Sie können die Geschichte(n) eines Umbruchs erzählen, die es wert sind, aufgezeichnet zu werden und für die Nachwelt erhalten zu bleiben. Meint - völlig zu Recht - die "Schaumburger Landschaft". Und ruft ab sofort zum Geschichtswettbewerb "Schaumburger Familien im 20. Jahrhundert" auf.
Das Ziel: "Etwa 20 der spannendsten Biografien, die die Bürger bis 31. Dezember 2006 zu Papier bringen, werden in der Reihe Regionalgeschichte als Buch veröffentlicht", sagt Landschafts-Geschäftsführer Sigmund Graf Adelmann.
Die am PC oder handschriftlich verfassten Rohmanuskripte, die vor Veröffentlichung von einer Jury begutachtet und ausgewählt werden, dürfen maximal 50 Seiten lang sein; es geht indes auch wesentlich kürzer. Der Preis der Mühe ist die Veröffentlichung selbst.
Betreut wird der Wettbewerb von Dr. Lu Seegers (Stadthagen), Leiterin der Geschichts-AG sowie Lehrbeauftragte an der Universität Gießen und Mitarbeiterin im Sonderforschungsbereich "Erinnerungskultur". Seegers, in München geboren, lebt seit ihrem ersten Lebensjahr im Landkreis: "Um es den Teilnehmern leicht zu machen, ihre Geschichte gleichsam ,von unten' zu erzählen, biete ich zwei je eintägige Workshops (4. März und 17. Juni) in der VHS Stadthagen an." Auch das Erzählcafé der Alten Polizei leiste Hilfestellung.
Konkret: "Die Workshops", so die Historikerin, "zeigen die richtigen Leitfragen auf, wenn es gilt, die Lebensläufe von Angehörigen zu erforschen". Ferner gibt es Anleitungen für die erfolgreiche Recherche in diversen Quellen und Empfehlungen zur Sekundärliteratur.
Stilformen, in denen die Teilnehmer des Wettbewerbs ihre Geschichten zu Papier bringen können, gibt es viele: Neben der Möglichkeit, Zeitzeugen aus dem Familienkreis zu befragen (siehe oben), können Ältere auch eine Autobiografie schreiben oder - dritte Möglichkeit - jenseits von Interviews und Erinnertem die Ergebnisse ihrer Forschungen auf der Basis von Briefen, Urkunden und Fotos festhalten.
Wie spannend das alles sein kann - das zeigt Seegers am Mittwoch, 18. Januar, 19.30 Uhr, zum Auftakt des Geschichtswettbewerbs bei einem Vortragüber die Historie ihrer eigenen Familie. Das Thema: "Auf den Spuren der Unternehmen Glashütte Lagershausen und Leinenweberei Seegers." Veranstaltungsort ist das Pfarrheim St. Joseph, Bahnhofstraße 3, in Stadthagen.
Auf die Idee zu dem neuen Erzähl-Projekt ist die Historikerin, die an der Universität Hannover mit einer Arbeit über die Programmzeitschrift "HÖR ZU" und ihre Vorläufer promovierte, übrigens durch die Arbeit an dem Buch "Geschichte Schaumburger Frauen" gekommen. Das Werk vereint 21 spannende Biografien aus mehreren Jahrhunderten und aus allen Schichten der Bevölkerung. Seegers hatte die Redaktion, verfasste selbst drei Beiträge. "Das Buch, das zum Stiften von Identität im Landkreis beigetragen hat, hat sich gut verkauft - die 2000 Exemplare sind fast alle weg." Derzeit arbeitet Seegers an einer Studie über "vaterlose Kriegskinder" in Deutschland, Polen und Großbritannien.
Teilnehmer
am Wettbewerb "Schaumburger Familien im 20. Jahrhundert" müssen sich bis Mittwoch, 15. Februar, melden bei: Schaumburger Landschaft, Stichwort "Geschichtswettbewerb", Schlossplatz 5, 31675 Bückeburg, Tel. (0
57
22) 95
66
18. Danach haben sie bis Ende 2006 Zeit, ihre Texte zu Papier zu bringen.