Rinteln/Veltheim (wm).
Im Gemeinschaftskraftwerk Weser in Veltheim (GKW) hat gestern ein erster Probelauf für die Verfeuerung von Müll, so genannten "heizwertreichen Fraktionen" begonnen. Rund 15 Tonnen vorsortierter, auf zehn Millimeter große Schnipsel geschredderter Müll wurden von der Firma Sita Umwelt Service GmbH aus Bielefeld angeliefert.
Wie Geschäftsführer Rolf Baumeister erläuterte, soll der Ersatzbrennstoff im Rahmen eines Versuchsprogramms mit Klärschlamm vermischt verbrannt werden. Eine Partie werde über die Klärschlammförderungsanlage in die Feuerungsanlage transportiert. In einer zweiten Versuchungsanlage wolle man die Mischung pneumatisch, also mit Luftdruck, in den Kessel blasen.
Ziel dieser Testläufe sei es, sowohl die optimale Mischung herauszufinden, als auch den richtigen Verfeuerungsweg. Erst nach einer abgeschlossenen Testreihe werde mit der regelmäßigen Verfeuerung heizwertreicher Fraktionen begonnen, wie vom Staatlichen Amt für Umwelt und Arbeitssicherheit genehmigt.
Weil auf dem Markt Kapazitäten für Müllverbrennung fehlen, wird auch in der Müllverbrennungsanlage in Hameln aufgerüstet: 40 Millionen Euro investiert die Enertec Hameln GmbH, um mehr Müll verbrennen zu können, der in Strom und Fernwärme umgewandelt wird. Zurzeit wird ein 52 Meter großes Kesselhaus gebaut, der Müllbunker wird vergrößert.
Müll aus Rinteln ist allerdings nicht dabei, denn der Landkreis Schaumburg darf seinen Hausmüll weiter biologisch-mechanisch vorbehandeln und dann lagern.
Für Enertec-Geschäftsführer Rainer Müller ist Müllverbrennung in Kohlekraftwerken wie in Veltheim eine logische Reaktion auf die Engpässe am Markt. Müller sieht in dieser Anlage auch keine Konkurrenz zu Müllverbrennungsanlagen, sondern eine "Ergänzung" und kann die Argumente der Bürgerinitiative gegen eine Müllverbrennung in Veltheim nur begrenzt nachvollziehen: Bei dem Protest würden Äpfel mit Birnen verglichen. Das Konzept der Müllverbrennung in Veltheim sei nicht mit Hameln vergleichbar. In Hameln würde Hausmüll wie Gewerbemüll weitgehend unbehandelt verfeuert, also von denFahrzeugen direkt in die Bunker gekippt. In Veltheim sei die Verbrennung von vorsortiertem Müll genehmigt worden, der in zehn Millimeter kleinen Teilen in die Feuerung geblasen werde. Die Kesselstruktur sei anders, der Feuerungsprozess laufe völlig anders ab. Aus all diesen Gründen lasse sich auch nicht ableiten, Veltheim brauche ein Filtersystem wie eine Müllverbrennungsanlage. In Veltheim orientiere man sich am Leitfaden der ehemaligen grünen Umweltministerin Bärbel Höhn (NRW), diese Eckwerte seien auch in die Genehmigung geschrieben worden. Grundsätzlich stimme er GKW-Geschäftsführer Rolf Baumeister zu, dass es vor allem angesichts der jüngsten Energiekrise volkswirtschaftlich Sinn mache, Müll in Strom zu verwandeln.
Mit Emissionswerten habe man in Hameln keine Probleme, schilderte Dr. Frank Ehler, technischer Leiter der Enertec, die Grenzwerte würden bei allen Stoffen deutlich unterschritten. Das sei einer siebenstufigen Rauchgasreinigungstechnologie zu verdanken. Erst 1993 habe man rund 40 Millionen Euro dafür investiert. Rainer Müller macht dazu folgende Rechnung auf: Durch die 75 deutschen Müllverbrennungsanlagen gelangten pro Jahrin Deutschland zwei Gramm Dioxin in die Umwelt - durch die Kompostierung seien es 40 Gramm. Die Metall verarbeitende Industrie setze sogar 400 Gramm Dioxin frei.
Unabhängig von den Testläufen hat auch der Naturschutzbund Rinteln seine Mitglieder und alle Bürger zur Teilnahme am Protestmarsch der Bürgerinitiative gegen Müllverbrennung im GKV aufgerufen, teilte gestern Nabu-Vorsitzender Nick Büscher mit. Außerdem habe die Ortsgruppe ebenfalls Widerspruch gegen die Genehmigung der Müllverbrennung in Veltheim eingelegt. Der Protestmarsch findet am Sonnabend, 14. Januar, statt. Treffpunkt ist um 10.30 Uhr am Edeka-Markt Camen in Veltheim, der Marsch endet auf dem Parkplatz des Gemeinschaftskraftwerkes.
Die Stadt Rinteln, informierte gestern Erster Stadtrat Jörg Schröder, habe gemäß dem Beschluss des Rates Widerspruch gegen die Genehmigung einer Müllverbrennung eingelegt - wie auch die Stadt Porta Westfalica. Und mit Porta Westfalica stimme man derzeit die Begründung des Widerspruches ab.