Röcke. Wie man aus einer Idee ein Produkt entwickelt und dieses erfolgreich am Markt platziert, darin ist Wilfried Krömker Experte. Und die Ideen gehen dem Unternehmer aus Röcke auch mit 67 Jahren nicht aus. Das zeigt auch seine neueste Erfindung, die Desinfektion durch Kaltplasma, für die Krömker vom Landkreis mit dem Innovationspreis 2015 ausgezeichnet wurde.
Eigentlich hatte sich der Unternehmer 2013 aus dem aktiven Geschäft seiner Firma für Medizintechnik zurückgezogen. Aber die Motivation, etwas zu entwickeln, was es so in der Welt noch nicht gibt, treibt ihn weiter an. „Ich setze mir ein Ziel, das ich verfolge, bis ich es umgesetzt habe.“
Auf die Idee mit der Kaltplasma Desinfektion kam der 67-Jährige vor drei Jahren. Einer seiner Kunden erzählte, dass das Max-Planck-Institut nach einer Methode forsche, Hände mit Kaltplasma zu desinfizieren. Miele wollte das Produkt auf den Markt bringen. Doch die Versuche scheiterten, weil ein entscheidendes Kriterium fehlte. Die Hände trockneten durch das Kaltplasma aus.
Wirkung
erhöht sich um 50 Prozent
Krömker hatte eine bahnbrechende Idee: Ein Quarz-Schwinger aus einem Ultraschallvernebler zur Verneblung von Medikamenten, der in Inhalationsgeräten eingesetzt wird, zerschlägt destilliertes Wasser zu Aereosole, die sich mit dem Kaltplasma verbinden. Dadurch wird nicht nur das Austrocknen der Hände verhindert, auch die Wirkung erhöht sich um 50 Prozent. „Erst dadurch erreicht das Kaltplasma eine vergleichbare Wirkung wie herkömmliche Desinfektionsmittel“, erklärt Krömker.
Der entscheidende Vorteil der Erfindung liegt darin, dass für die Desinfizierung keinerlei Alkohol nötig ist. Dadurch wird die Haut auch nach etlichen Anwendungen, wie sie in Krankenhäusern notwendig sind, nicht angegriffen. Auch müssen die Hände nicht abgetrocknet werden, da der Wassernebel so fein ist, dass keine Feuchtigkeit zurückbleibt. 20 Sekunden muss man die Hände in das Gerät halten. Die Prozedur ist kaum spürbar, auch unter den Fingernägeln und in den Zwischenräumen wird gereinigt. 0,5 Liter Wasser reichen für 1000 Anwendungen.
Um mit herkömmlichen Mitteln die Hände zu desinfizieren, müsste man eigentlich zwei Minuten die Hände mit Desinfektionsmittel einreiben. Eigentlich. Krömker hat die Erfahrung gemacht, dass die Hygiene in Krankenhäusern häufig vernachlässigt wird. „Die Hände sind der größte Übertragungsherd. Allein in deutschen Krankenhäusern sterben jährlich mehr als 35 000 Menschen an Keimen.“
Deshalb soll das Kaltplasma-Gerät zusätzlich mit einer Registrierung ausgestattet werden. „So wird gewährleistet, dass jeder Arzt sich nachweislich die Hände desinfiziert. Bisher gibt es eine solche Kontrolle nicht“, erklärt Krömker.
Überhaupt gehe es nun darum, seine Erfindung stetig weiterzuentwickeln. So soll das Gerät mit einer Brennstoffzelle für die Stromversorgung ausgestattet werden, um es von der Steckdose zu befreien. „Wir haben zwar das Patent. Aber es kann immer jemanden geben, der dies umgeht. Daher ist es wichtig, unseren zweijährigen Entwicklungsvorsprung zu nutzen, um immer einen Schritt voraus zu sein“, so Krömker.
Umso froher ist er, mit der B. Braun AG einen starken Vertriebspartner an seiner Seite zu haben, der sein Produkt auf den Markt bringen will. „Du kannst die tollsten Sachen produzieren. Aber du musst sie auch verkaufen“, sagt Krömker. Die B. Braun AG vertreibt selbst herkömmliche Desinfizierungsmittel. Als die Unternehmensvertreter von der Erfindung erfuhren, zögerten sie nicht lange. Denn die Kaltplasma-Desinfizierung könnte die herkömmlichen Desinfizierungsmittel überflüssig machen.
Ende des Jahres soll die Produktion zunächst mit einer Stückzahl von 3000 starten. Zum Vergleich: Eine Krankenhaus mit 500 Betten wie das Gesamtklinikum Schaumburg verfügt über 1500 Spender mit Desinfektionsmittel. „Wahrscheinlich wird es mehr. Aber darauf bin ich vorbereitet“, betont Krömker, der als weitere Absatzmärkte die Pharma- und Lebensmittelindustrie im Auge hat. Derzeit wird eine 1000 Quadratmeter große Halle in Röcke gebaut, dass die Krömker Kaltplasma Holding gemeinsam mit der Medizintechnik GmbH nuten wird.
Weitere Projekte in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Plasmaforschung sind bereits in Arbeit. Besonders eine Entwicklung könnte bahnbrechend werden. Mehr will der Unternehmer nicht verraten. „Wenn wir das schaffen, ist das eine Sensation“, sagt Krömker, der sich auch mit 67 Jahren nicht auf seinem Lebenswerk ausruhen will. „Nur zu Hause zu sitzen und Urlaub zu machen ist nicht mein Ding.“
Wilfried Krömker zeigt den Prototypen für die Kaltplasma-Desinfektion. Ende des Jahres soll in Röcke die Produktion des überarbeiteten Gerätes starten, das die Krankenhaus-Hygiene revolutionieren könnte.
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