Bückeburg (bus).
"Wenn
einer eine Reise tut", weiß der Volksmund, "so kann er was erleben". Auch, dass "reisen bildet", gilt als allgemein gültige Erkenntnis. Dass dem nicht in jedem Fall so sein muss, hat jetzt Helena Isenberg eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Die Kunststudentin veröffentlicht in dem jüngst in Bückeburg vorgestellten undoffensichtlich ein wenig schludrig lektorierten Kulturatlas "Entdeckung von Landschaft", der "Schaumburg bis zur Mittelweser" als "ein übertragbares Modell für die Entdeckung von Landschaft" vorstellt, eine gleichermaßen witzige wie falsche geografische Positionierung des Landkreises. Nach Isenbergs Erkenntnis befindet sich "das Schaumburger Land ... zwischen dem Emsland und dem Steinhuder Meer".
Die Studentin beschreibt in ihrem Erfahrungsbericht "Wie ich den Blick auf das Steinhuder Meer vom geographisch-spezifischen Aussichtspunkt in Bergkirchen als Aquarell bearbeitet habe" akribisch Material ("Papier, Pinsel, Bleistift, Farben") und unterschiedliche Arbeitsschritte - zweiter Schritt: "...die Bäume bzw. die Büsche bleiben zunächst weiß"; vierter Schritt (zum Gebrauch des Borstenpinsels): "Sowohl beim Aufnehmen als auch beim Auftupfen der Farben habe ich ihn senkrecht gehalten..." Darüber hinaus erfahren die Leser der von Blanka Sophie Siebner herausgegebenen Veröffentlichung, dass die Hütte am Aussichtspunkt "rastende Motorradfahrer, Fahrradfahrer und Wanderer vor plötzlichem Regen" schützt. Von der Schutzfunktion der Kabache für Erfahrungsberichterstatterinnen und Landschaftswahrnehmer ist nicht die Rede. Von Sturmgebraus und Schneegestöber schon gar nicht.
Immerhin: "Der Aussichtspunkt Bergkirchen lädt dazu ein, fern zu sehen und dabei zu träumen." Und - den Bemühungen der einheimischen Tourismus- und Kulturszene ebenfalls nicht völlig diametral entgegenstehend: "Die ländlich geprägte Landschaft ist ideal für Radwanderer und bietet sich an für Ausflüge in die Natur." Es verbleibt allerdings die Frage, ob die redlich um die Erhöhung des Landkreis-Bekanntheitsgrades ackernden Fremdenverkehrsspezialisten mit der Aufzählung der "Städte des Schaumburger Landes" gleichermaßen konform gehen. Als solche werden - die Schaumburg-Lippische Landes-Zeitung zitiert buchstabengetreu - genannt: "Bergkirchen, Stadthagen, Heeßen, Borstel, Kleinbremen und Nienstedt."
"Das Buch", lassen die einführenden Bemerkungen der Herausgeberin wissen, "möchte Sicht- und Zugangsweisen zur Landschaft aufzeigen, wie sie sich übertragbar überall anbieten." Kennzeichnend sei die "gemeinsame Arbeit von Geistes- und Naturwissenschaftlern". Womöglich, so hat es den Anschein, hätten Landschaftsbetrachter aus der "Schaumburger Stadt" "Kleinbremen" zumindest der Sichtweise einen etwas realitätsnäheren Anstrich verleihen können. Gleich wie. Dass indes der Isenberg-Artikel im Inhaltsverzeichnis verschwiegen wird, lenkt den Blick wiederum auf Herausgeberschaft und Lektorat: Da ist augenscheinlich einiges schief gelaufen.