Loccum. Der sogenannte Mord im Klosterwald von Loccum aus dem vergangenen September ist offenbar aufgeklärt. Ein von der Polizei als gewalttätig eingeschätzter und bereits mehrfach wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung verurteilter Straftäter soll damals die 23 Jahre alte Judith T. getötet haben.
Der 48-Jährige war offenbar ein schwieriger Fall für die Justiz. Er saß nicht im Gefängnis, sondern wurde als Alkoholkranker in der Maßregelvollzugsklinik in Bad Rehburg behandelt. Wie das Justizministerium bestätigte, war im Anschluss daran Sicherungsverwahrung vorgesehen. Der 48-Jährige gilt also als Täter, von dem eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgehen könnte. Dennoch durfte er die Entzugsklinik seit Dezember 2014 ohne Begleitung verlassen. Als er die 23-Jährige tötete, befand er sich auf einem solchen unbegleiteten Freigang.
Seit Donnerstagnachmittag sitzt der 48-Jährige in Untersuchungshaft, wie die Staatsanwaltschaft in Verden am Freitagmorgen mitteilte. Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) informierte parallel die Abgeordneten des Landtags. „Die Landesregierung ist sehr betroffen. Wir wissen alle, wie schlimm ein solcher Mordfall für die Angehörigen ist“, sagte sie im Plenum.
Nach Angaben des Verdener Ersten Staatsanwalts Lutz Gaebel war der Beschuldigte aufgrund eines Urteils des Landgerichts Aurich aus dem Januar 2012 in der Entzugsklinik im Kreis Nienburg untergebracht – sein drittes Vergewaltigungsurteil nach 1999 und 2000. Immer beging er seine Taten unter Alkoholeinfluss. Zuletzt war der 48-Jährige zu vier Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden. Er sollte aber von seiner Alkoholsucht therapiert werden, hatte das Gericht angeordnet. Deshalb war er in der Entzugsklinik. Parallel zu seiner Festnahme wurde die Klinik durchsucht. Bei seiner Festnahme befand er sich wiederum auf einem Freigang.
Judith T. war zuletzt am 12. September lebend gesehen worden. Gut eine Woche später wurde die Leiche der jungen Frau im Wald entdeckt – der nackte Körper angeblich mit Zweigen bedeckt. Die Obduktion ergab, dass die 23-Jährige Opfer eines Gewaltverbrechens geworden war. Medienberichten zufolge hatten DNA-Spuren die Ermittler auf die Spur des Mannes gebracht.
Nach Angaben des Sozialministeriums wurde der Beschuldigte nach seinen Freigängen regelmäßig darauf kontrolliert, ob er Alkohol getrunken hatte. Er sei nie auffällig geworden, habe die Klinik mitgeteilt. Auch nach der Tat im vergangenen September sei der Beschuldigte nach Angaben der Klinik in der Therapie nicht auffällig geworden, erklärte Ministerin Rundt im Landtag. Sowohl eine interne Lockerungskonferenz als auch eine externe, mit drei Experten besetzte Kommission habe die Freigänge des 48-Jährigen empfohlen. Auch die Staatsanwaltschaft habe zugestimmt.
Beim CDU-Landtagsabgeordneten Reinhold Hilbers stößt das auf Unverständnis: „Ich kann nicht verstehen, wie ein Mensch mit so einer Historie so schnell Erleichterungen bekommt.“ Marco Genthe von der FDP bezweifelte, dass Lockerungen im Maßregelvollzug ausreichend überprüft werden.