Achum (mig).
"Uncool" und
"nicht angesagt": Das sind die Adjektive, die der jüngeren Generation zum Plattdeutschen einfallen. Brigitte Wehrhahn bewies im Meierhof Achum, dass der alte Dialekt auch richtig derb und sexy sein kann.
Es ist schon fast ein wenig unheimlich: Da hat man gerade noch mit einer brünetten Mittfünfzigerin gesprochen und plötzlich tritt sie einem in der Gestalt eines betagten Muttchens entgegen. Tatsächlich hat Brigitte Wehrhahn das für eine Kleinkünstlerin nötige Talent, sich mit wenigen Handgriffen völlig verändern zu können. In einem langen Küchenkittel, auftoupiertem Haar und blickdichter Strumpfhose wirkt sie wie eine etwas jüngere Ausgabe der Lindenstraßenplage Else Kling.
Platt hat die Kleinkünstlerin gelernt, als sie bei ihren Großeltern aufwuchs - inzwischen spricht sie es fließend, ohne Punkt und Komma. Besonders freut sie, dass es derzeit sogar eine gewisse Renaissance der alten Volkssprache gibt. "Vor allem auch die jungen Leute interessieren sich wieder mehr dafür," hat sie bei ihren Veranstaltungen beobachtet.
Jetzt sitzt sie an einem Pult vor rund 60 Gästen, die gespannt auf den Beginn ihres neuen Programms "Watt mott, datt mott - Düt un Dat up Platt" warten. Wer sich vielleicht zunächst noch gewundert hat, dass Brigitte Wehrhahn nur plattdeutsches Kabarett macht, merkt schnell, es ginge gar nicht anders. "Manche Sachen sind so derb, die kann man nur auf Platt sagen," erläutert sie, "was auf Hochdeutsch schon eine Beleidigung wäre, nimmt man auf Platt (noch) nicht so ernst." Das wird auch hier in Achum schnell deutlich; sogar die etwas heftigeren Witzen kommen beim Publikum sehr gut an - "Warum ist der Steinbutt so platt?" - "Weil er mit einem Wal geschlafen hat."
Die plattdeutsche Plaudertasche plappert wirklich alles aus - kein noch so intimes oder schlüpfriges Geheimnis ist vor der Küchenkabarettistin sicher. Dabei ist das zweite Programm gegenüber dem vorigen sogar schon etwas abgemildert. Davon allerdings ist nur wenig zu spüren - auch wenn die Gerüchte-Köchin nicht nur über "Sex and Crime" spricht.
Viele Geschichten thematisieren auch den dörflichen Alttag oder den Unterschied zwischen den Generationen: "Wir haben früher noch lange, muckelige Unterwäsche getragen, da konnten wir einen ganzen Flur mit putzen. Die Stringtangas der jungen Mädchen von heute reichen doch nicht mal mehr um eine Klingel sauber zu polieren," ereifert sich Wehrhahns Alter Ego. Erreichen will sie mit ihrem Programm vor allem eines: "Die Menschen sollen ihre Sorgen draußen lassen und mal richtig lachen."