Landkreis/Hannover (ly).
Im Fall des seit mehr als zehn Jahren vermissten Thomas Ranke wird eine Wiederaufnahme des Mordverfahrens gegen Christian Bogner (49), Ausbrecherkönig und Bankräuber von Engern, immer wahrscheinlicher. "Es sieht so aus, als könne ein solches Verfahren betrieben werden", erklärte gestern auf Anfrage Thomas Klinge, Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft in Hannover, die den entsprechenden Antrag stellen muss. Aussichtslos sei das nicht. "Sonst hätten wir es gleich abgelehnt", so Klinge.
Gleichzeitig trat der Sprecher Spekulationen entgegen, die Behörde warte womöglich erst den Ausgang eines laufenden Prozesses vor dem Landgericht Lübeck ab, wo Bogner sich wegen Mordes an dem Landschaftsgärtner Engelbert Danielsen verantworten muss. "Das hielte ich für rechtswidrig", sagte Klinge. "Wenn wir die Voraussetzungen haben, können wir nicht warten." Zurzeit seien die Akten in Sachen Ranke bei Bogners Pflichtverteidiger, dessen Stellungnahme noch aussteht.
Im Herbst hatte die Bückeburger Staatsanwaltschaft die Akten zu den Kollegen in Hannover geschickt (wir berichteten). Dies deutete darauf hin, dass man einer erfolgreichen Wiederaufnahme in Bückeburg ebenfalls Chancen einräumt. Offenbar hängt dieser Optimismus auch mit der neuen Aussage eines früheren Knastkumpelszusammen, dem Bogner den Mord an Ranke gestanden haben soll. Von der Leiche fehlt bis heute jede Spur.
Im Sommer 2002 hatte die 1. Große Strafkammer des Bückeburger Landgerichts Bogner mangels Beweisen von dem Vorwurf freigesprochen, 1995 im Kreis Lüneburg seinen Jugendfreund Thomas Ranke ermordet zu haben, um nach einer Flucht aus dem Gefängnis unter dessen Identität zu leben. Verurteilt worden war der Schwerverbrecher lediglich wegen eines Überfalls auf die Sparkasse Engern im Mai 2001 sowie wegen eines weiteren Bankraubs, allerdings zu zehneinhalb Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung.
Seitdem kämpft Rankes in Nammen lebender Schwager Johannes Hofmann um eine Wiederaufnahme des Mordverfahrens. Schon einmal, vor zehn Jahren, hatte Hofmann den Ausbrecherkönig, der als junger Mann sporadisch in Nammen gelebt hat, im Alleingang und auf eigene Kosten aufgespürt. Nun will er endgültig "einen potenziellen Killer zur Strecke bringen".
Im Prozess um den gewaltsamen Tod von Engelbert Danielsen aus dem ostholsteinischen Eutin, den Bogner (acht Ausbrüche) Ende Oktober 2004 noch am Tag seiner Flucht aus der Justizvollzugsanstalt Lübeck ermordet haben soll, ist es zu Verzögerungen gekommen. Mit einem Urteil wird nun nicht vor Mai gerechnet.
Bogner behauptet, er und Danielsen seien ein Liebespaar gewesen. Allenfalls in Notwehr will der 49-Jährige den Gärtner getötet haben, nachdem dieser ihm an die Wäsche gegangen sei. Dagegen nimmt die Staatsanwaltschaft Lübeck unverändert an, dass Bogner die Tat aus dem Gefängnis heraus eiskalt geplant hat, um mit den Papieren des Opfers unterzutauchen. Wie im Fall Thomas Ranke?