Donnerstag, 28. Juli, Bergdorfer Straße, abends: Der Rentner muss sich aufregen, weil die 21-Jährige zu dicht auffährt. Er macht hektische Handbewegungen, die junge Frau zeigt ihrem Vordermann einen Vogel. Auch Zwischenspurts mit dem 200-PS-Auto sind nicht geeignet, den Abstand dauerhaft zu vergrößern. Immer wieder taucht der Kleinwagen formatfüllend im Rückspiegel auf.
"Will sie mir reinfahren?", fragt sich der Eilser. "Braucht sie ein neues Auto?" Auf dem Beifahrersitz empfindet die Ehefrau ("Warumüberholt das Mädel nicht?") die Situation als "irgendwie bedrohlich". So geht das eine Weile, bis es dem Eilser ("Mein Fahrzeug beschleunigt in sieben Sekunden auf 100") zu bunt wird. An der Ecke Breitenkamp beschließt er bei Tempo 30 zu bremsen, um anzuhalten, und vernimmt im nächsten Moment ein hässliches Geräusch - Auffahrunfall.
Gegenüber einer so genannten Knallzeugin (58), die den Anprall gehört, jedoch nicht gesehen hat, gibt sich der 71-Jährige ("Ich bremse nicht für Tiere") an Ort und Stelle als Oberlehrer zu erkennen: "Die junge Dame hat mich schon die ganze Zeit geärgert. Ich wollte sie zur Räson bringen." Mit geharnischten Worten offenbar. Für die "junge Dame" gilt: Wer bei 30 Stundenkilometern auffährt, war mit ziemlicher Sicherheit zu dicht dran, hat also gedrängelt. Den Schuh zieht die 21-Jährige sich nicht an: "Für mich war der Abstand in Ordnung."
So oder so: Was nun genau geschehen ist, ließ sich nicht mehr feststellen. Durch den alltäglichen Irrsinn im Straßenverkehr hat es diesmal wenigstens keine Verletzten gegeben. Nur die Vernunft ist auf der Strecke geblieben.