Rinteln/Veltheim (ly).
Nach dem Beginn eines ersten Probelaufs hat der Protest gegen die Müllverbrennung im Gemeinschaftskraftwerk Weser in Veltheim (GKW) an Schärfe und Umfang deutlich zugenommen. Rund 800 Menschen, mehr als je zuvor, setzten sich am Sonnabend während einer weiteren Kundgebung vor dem Kraftwerk gegen die heftig umstrittenen Pläne zur Wehr. Immer wieder skandierten sie "Keine Müllverbrennung!", hielten dazu Transparente mit teils geharnischten Aufschriften in die Höhe.
Karl-Heinz Buchholz weiß, woher der Wind weht. Bei Westwind bekommt der Rintelner Bürgermeister wegen des Kraftwerks "Sorgenfalten auf der Stirn", und dieses Gefühl habe sich in den vergangenen Monaten noch verstärkt. "Wir sind keine technikfeindlichen Weltverbesserer", betonte Buchholz, der am Sonnabend in Begleitung diverser Ratsmitglieder nach Veltheim gekommen war. "Aber wir haben kein Verständnis, wenn Müllverbrennung als Mittel zur Profit
maximierung eingesetzt wird. Wenn schon Müllverbrennung, dann mit modernster Filtertechnik." Und weiter: "Auch wenn die GKW-Betreiber das juristische Tauziehen gewinnen - das Vertrauen der Bevölkerung haben sie verloren." Wie berichtet, hat ein von der Bürgerinitiative (BI) beauftragter Fachanwalt aus Würzburg einen Eilantrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung der Müllverbrennung vorbereitet, der diese Woche im Mindener Verwaltungsgericht eintreffen soll und unabhängig von einem Widerspruchsverfahren beim Staatlichen Amt für Umwelt und Arbeitsschutz (StAfUA) läuft, der Genehmigungsbehörde.
Den Weg des Widerspruchs hat außer den Städten Rinteln und Porta Westfalica, den Portaner Stadtwerken, dem Wasserbeschaffungsverband Veltheim und dem Rintelner Naturschutzbund auch "eine zweistellige Zahl von Bürgern" gewählt, wie BI-Vize Thomas Steffen erklärte. Buchholz sieht sich daher "in bester Gesellschaft". Zwischen ihn und Portas Bürgermeister Stephan Böhme passt in Sachen Kraftwerk kein Blatt Papier. Böhme will "jede Chance zur Einwirkung auf Verantwortliche nutzen und die Konzernstrategie hinterfragen", hinter der er "kaltes Kalkül" vermutet.
Noch deutlicher wird der Verwaltungschef in einem Brief an Stavros Dimas, Kommissar für Umwelt der Europäischen Union in Brüssel. "EU-Bürgern wird das Recht genommen, Antragsunterlagen einzusehen, zu prüfen, gehört zu werden und Eingaben zu machen", schreibt der Bürgermeister.
Böhme erinnert daran, dass das Genehmigungsverfahren ohne Umweltverträglichkeitsprüfung, öffentliche Bekanntmachung und Auslegung durchgeführt worden sei, mithin also "fehlerhaft erscheint". Die Bürger der gesamten Region seien zutiefst beunruhigt und um ihre Gesundheit besorgt, weil in einem alten Kohlekraftwerk zum Teil bedenkliche Abfälle mitverbrannt werden sollten, ohne die Filtertechnik anzupassen.
Dass die Verbrennung von Müll zusammen mit Klärschlamm begonnen hat, konnte Thomas Steffen vor einigen Tagen "deutlich an schwarzen Rauchwolken aus den Schornsteinen sehen".
Dass es sich bei dem Abfall laut GKW um "Sahnehäubchen" handeln soll, konterte Steffen mit dem Satz: "Auf diese Sahnehäubchen können wir auf unseren Erdbeeren verzichten." Die Situation werde schöngeredet. Fakt sei: "Die Filter sind nicht auf dem neuesten Stand der Technik."
Erneut bekräftigte die BI (150 Mitglieder, davon 50 neue) ihre Entschlossenheit, alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen.
In dieser Atmosphäre bekamen die GKW-Geschäftsführer Rolf Baumeister und Jörg Röthemeier kein Bein an die Erde. Viel zu sagen hatten sie ohnehin nicht. Eine dürre Ansprache Baumeisters unter anhaltenden Buh-Rufen erschöpfte sich in dem Satz: "Wir wollen uns zu dem laufenden Verfahren nicht äußern, sind nicht die Ansprechpartner und halten uns an Gesetze."