Obernkirchen (sig).
Fast unbeobachtet von derÖffentlichkeit wurde ein Projekt zu Grabe getragen, das die Gemüter in der Bergstadt lange Zeit beschäftigt und zuweilen auch erhitzt hat: Hinter dem Begriff "Osttangente" verbarg sich das mit tief greifenden Planungen verbundene Projekt einer Ortsumgehung zur Entlastung des innerstädtischen Verkehrs. Auf Beschluss des Rates wurde jetzt die vorgesehene Trasse aus dem Flächennutzungsplan der Stadt herausgenommen.
Vor 31 Jahren gab es die erstenÜberlegungen, den Schwerlastverkehr aus dem Innenstadtbereich herauszuhalten und vor allem für eine Entlastung der Landesstraße 442 zu sorgen. Umfangreiche Verkehrszählungen und die Bewertung dieser Ergebnisse führten zur so genannten Vorbehaltsplanung.
Im Zuge des deutlich angestiegenen Verkehrsflusses hatten sich in der Bergstadt sogar Bürgerinitiativen gebildet, die ihre Forderungen mit Lärmschutz und mit den Erschütterungen durch den Schwerlastverkehr für die Anlieger im Bereich Heyestraße und Neumarktstraße begründeten. Experten erwarteten vom Bau einer Umgehungsstraße, dass etwa 5000 von den täglich insgesamt 12
500 Fahrzeugen, die auf der Landesstraße 442 die Bergstadt durchqueren, über eine zusätzliche Trasse umgeleitet werden könnten.
Zur Debatte standen anfangs für die Entlastungsstraße drei Varianten. Die am längsten bestehende Planung sah den Bau der so genannten Osttangente vor. Sie sollte nördlich der Annastraße im spitzen Winkel an der westlichen Grenze der Firma Heye bis zum Schwarzen Weg und von der Piepenbreite in nördlicher Richtung durch das Hühnerbachtal und Liethtal führen.
Es gab noch zwei weitere Routen. Eine sollte unmittelbar neben dem Gleiskörper der Rinteln-Stadthagener Eisenbahn verlaufen, und die andere hätte die Aufgabe der Bahnlinie bedeutet. Von diesen beiden Lösungen hat man sich schon sehr früh verabschiedet. Der geringe Abstand zur Landesstraße 442 wurde dabei als nicht sinnvoll erachtet, und die Aufgabe der Bahnlinie erschien auch nichts als zukunftsweisend. Die Hoffnung, dass die Bahn bei weiter zunehmendem Straßenverkehr durchaus noch eine zu beachtende Alternative darstellt, wollte man nicht aufgeben.
Übrig geblieben war die Osttangente. Aber sie hätte zu erheblichen Eingriffen im Bereich des als Landschaftsgebiet ausgewiesenen Uhlenbruchtales und des Liethbachtales geführt. Sie hätte zur Abriegelung von Wohngebieten geführt und - so sagen die Fachleute - zu einem Qualitätsverlust der angrenzenden Erholungs- und Freizeitbereiche (Freibad, Tennisanlage und Golfplatz). Ganz zu schweigen von dem hohen Kostenaufwand, denn im Verlauf der geplanten Trasse sinkt das Niveau des Geländes von 170 auf 115 Meter. Brückenbauwerke und auch eine Art Trogbau wären notwendig geworden.
Neben dem Zerschneiden von wertvollem Landschaftsraum befürchteten die mit einem Gutachten beauftragten Städteplaner, dass die Ostumgehung die enge Symbiose zwischen der Bergstadt und dem Bückeberg gefährden oder sogar aufheben würde. Schließlich sind aber auch aus der Geschäftswelt Bedenken geäußert worden, dass durch eine solche Verkehrslenkung Kaufkraftströme um die Stadt herumgeleitet würden.
Bei den im Zusammenhang mit dem Gutachten durchgeführten Befragungen der Verkehrsteilnehmer hatte sich nämlich ergeben, dass 25 Prozent der Fahrten doch im direkten Zusammenhang mit einer Einkaufsabsicht standen. Obernkirchen wird also durchaus von Einwohnern der Nachbargemeinden als Einkaufsziel angesteuert.
Mit der jetzt erfolgten 27.Änderung des Flächennutzungsplanes der Bergstadt ist die früher angestrebte Umgehungsstraße vom Tisch. Der Ausbau des Innenstadtringes mit Heyestraße und Neumarktstraße habe die Verkehrssituation entlastet und entschärft, stellte ein Rintelner Planungsbüro fest. Damit ist der Weg frei für eine weitere städtebauliche Nutzung der nicht mehr benötigten Flächen - sowohl für die Naherholung als auch für gewerbliche Zwecke und für den Wohnungsbau.
Auch in Anbetracht der sicherlich längst nicht zu hoch geschätzten Gesamtkosten von rund zwölf Millionen Euro für das Verkehrsprojekt macht der Verzicht Sinn. Eine Finanzierung mit Hilfe von Landes- und Bundesmitteln wäre zum gegenwärtigen Zeitpunkt daher kaum zu realisieren.