Eine Rintelnerin (33), seit vielen Jahren hochgradig heroinsüchtig, ist eines Tages freiwillig zur Polizei gegangen und hat eine so genannte Lebensbeichte abgelegt. Da kam einiges zusammen: Um Erwerb von Betäubungsmitteln in 644 Fällen ging es jetzt in einem Prozess vor dem Schöffengericht. Der Großteil wurde eingestellt, so dass am Ende 91 Taten blieben. Trotzdem kam die Angeklagte mit einer einjährigen Bewährungsstrafe davon.
Hauptgrund dafür: Durch die Angaben der 33-Jährigen sind zwei Bückeburger Drogenhändler aufgeflogen, deren einzige Abnehmerin die Angeklagte war. Mehr als zwei Jahre lang hatte diese nahezu täglich Heroin gekauft, manchmal auch Kokain. Die Tatorte: in Bückeburg der Bahnhof und eine Wohnung, in Minden der ZOB, die Glacisbrücke und Kanzlers Weide. Der Umsatz: mehr als 30
000 Euro. Das Landgericht hat beide Dealer, einen Mann und eine Frau aus Tschetschenien, zwischenzeitlich zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt (wir berichteten).
Dazu habe die Angeklagte beigetragen, erklärte Staatsanwalt Frank Hirt. "Das muss natürlich gewürdigt werden", meinte auch Richter Dr. Dirk von Behren, der der 33-Jährigen "für ihr weiteres Leben keine Steine in den Weg legen will". Zurzeit verbüßt die Frau noch bis offiziell 2010 eine Gefängnisstrafe wegen diverser Delikte, allesamt Beschaffungskriminalität, um an Geldfür Rauschgift zu kommen. Doch nach einem Passus im Urteil kann die Gefangene während der Haft eine stationäre Drogentherapie antreten, welche anschließend auf die Strafe angerechnet wird.
Für das milde Urteil gab es außer der Kronzeugenregelung weitere Gründe. So hatte die Rintelnerin den "Stoff", insgesamt rund 650 Gramm, ausschließlich zum eigenen Konsum erworben. Zudem stufte das Gericht die Angeklagte, die mit Unterbrechungen zehn Jahre "an der Nadel gehangen" hat, wegen deren Abhängigkeit als vermindert schuldfähig ein. "Mit 15 Jahren habe ich angefangen", berichtete die 33-Jährige. Das Bückeburger Urteil kann den Weg in ein besseres Leben ebnen. Es liegt an ihr.