Rinteln (wm).
Der Goldkurs steht ganz oben, was in Zeiten knappen Geldes viele dazu verführt, ihren Schmuck zu verkaufen. Anzeigen wie Plakate animieren dazu: "Sofort Bargeld". Umso größer ist die Enttäuschung, wenn die Verkäufer feststellen müssen, dass der Erlös noch nicht einmal ansatzweise an den Neupreis des Schmuckstücks heranreicht. Denn Geld gibt es nur für den reinenGoldwert zum aktuellen Tageskurs - es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Das ist auch mit ein Grund, warum der Rintelner Juwelier Jürgen Adalberts sich nur ungern auf solche Geschäfte einlässt. Die Kunden hegten große Erwartungen und fühlten sich dann oft übers Ohr gehauen, wenn sie erfahren, was sie wirklich erhalten. Geldwert habe nur das Feingold, nicht das Schmuck-Design: "Niemand trägtheute mehr die breiten Goldarmbänder der siebziger Jahre."
Nicht nur der Geschmack, auch die Kaufgewohnheiten hätten sich geändert. Schmuckkauf, so Adalberts, sei heute nicht so sehr eine Geldanlage. Kaum jemand kaufe mehr ein Schmuckstück für mehrere tausend Euro. Kunden kauften Schmuck, weil Schmuck schön ist, dann aber kleine Stücke, dafür mit wechselnder Mode öfter. So sei der Umsatz in der Branche keineswegs gesunken, sondern im Gegenteil in den letzten Jahren gestiegen.
Auch Murat Demirel von "Ephesus" hat mindestens einmal in der Woche ein Kaufangebot auf dem Ladentisch. Er lasse sich auf alle Fälle von Leuten, die er nicht kenne, den Personalausweis zeigen, berichtet Demirel, der Schmuck könnte ja gestohlen sein. Wert über den Goldpreis hinaus habe Schmuck, wenn Diamanten verarbeitet seien.
Felix Hau und Christopher Braun von "Mars Arte", Schmuck und Design in der Brennerstraße, sagen: "Bei der Veräußerung von Schmuck kann man nur verlieren. Was zählt, ist der reine Materialwert - und hier meist nur derjenige des Edelmetallanteils, der zudem mit deutlichen Abschlägen gegenüber dem Marktpreis versehen wird. Kein Ankäufer wird dem Kunden die handwerkliche Arbeit bezahlen, die in einem guten Schmuckstück steckt."
Die Grauzone unseriöser, für den Laien nicht als solche erkennbarer Einkaufspraktiken sei sehr weitläufig. Der derzeitige "Run" auf die "Schmuckliquidation" werde auch von der Edelmetallindustrie aufgrund des momentan sehr hohen Goldkurses gefördert. Felix Hau erinnert sich: "Das gab es schon einmal zu Beginn derneunziger Jahre; damals konnte man sogar über Zierfischhändler stolpern, die mit Altgoldankauf warben. Aber man sollte sich nicht täuschen lassen: Gewinn machen Ankäufer und Industrie, nicht der Kunde."
Tipp der beiden Schmuckdesigner: Schmuck allenfalls im echten Notfall verkaufen - und dann zuvor von einem unabhängigen Sachverständigen schätzen lassen. In Rinteln beispielsweise von Volker Buck, der Diamantgutachter der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft ist.
Bei Gitta Wöpkemeier vom Quelle-Shop an der Klosterstraße - wo ein großes Schild auf den Goldankauf hinweist -
sprechen viele Menschen vor, die sich aus "blanker Not" von Schmuckstücken trennen wollen. Da gebe es erschütternde Szenen, berichtet sie: "Die streifen sich ihren Ehering bei mir im Geschäft vom Finger!" Dann kämen of junge Leute, um Ketten mit Kreuzen zu verkaufen, "die Oma zur Konfirmation oder Kommunion geschenkt hat!"
Auch Gitta Wöpkemeier kann ihren Kunden die bittere Erfahrung nicht ersparen, dass beim Goldkauf nur das Gramm zählt, nicht, ob es ein besonders schön gestaltetes Schmuckstück ist: "Da entscheiden die Waage und der Taschenrechner." Gestern bedeutete das: 1,55 Euro für ein Gramm 3,33er-Gold, 2,75 Euro für5,85er-Gold. Für einen Ehering, der zwischen 80 und 100 Euro gekostet hat, gibt es damit noch so um die 15 Euro.
Wer Gold im Munde trug, das der Zahnarzt wieder entfernen musste, beispielsweise weil eine Brücke defekt war, kann es direkt an eine Scheideanstalt schicken. Gerade für Zahngold gibt es diverse Adressen im Internet. Oder man kann Gutes tun: Wie Dr. Joachim Wömpner (Weserstraße) erläuterte, sammele das Hilfswerk Deutscher Zahnärzte Zahngold für caritative Zwecke, beispielsweise die Leprahilfe - Initiator ist hier Dr. Klaus Winter, Kontakte und Einzelheiten gibt es auch hierzu im Internet.
Bei der Sparkasse, berichtete Werner Nickel, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, sei kein Goldrausch ausgebrochen: "Käufe und Verkäufe halten sich die Waage." Wer Gold in der Hand halten wolle, dem würden die Berater den Kauf von Umlaufmünzen wie etwa die bekannten Krüger-Rand (Südafrika) oder Maple Leaf (Kanada) empfehlen, deren Goldwert genau einer Unze oder halben Unze Feingold entsprechen würde. Solche Münzen seien auch problemlos wieder zu verkaufen. Es gebe aber auch andere Formen, sein Geld in Edelmetall zu investieren, beispielsweise Zertifikate oder die Beteiligung an Goldminen.
Auch Gabriele Büthe, bei der Volksbank Fachfrau für Edelmetalle, kann Kunden guten Gewissens nur Münzen empfehlen, die sie auf dem Markt auch wieder loswerden können. Wer Münzen verschenken will, sollte bedenken: "Der Beschenkte muss einen Draht dazu haben." Münzen einzufassen als Anhänger schmälere ihrenWert, denn unbeschädigt bekomme man sie kaum mehr aus der Fassung.
Also: Wenn Gold als Wertanlage, dann in Goldbarren für den Tresor.