Bad Eilsen (sig).
Gehobene Sitzkultur, große
Abendgarderobe, vornehme Zurückhaltung und respektvolles Klatschen: Das alles passt nicht zu der Veranstaltung, zu der die Kurverwaltung am Sonnabend eingeladen hatte. Das Organisationsteam um Elke Dralle hatte auch erst gar nicht den Versuch gemacht, solchen Erwartungen gerecht zu werden. Und das fanden die rund 160 Besucher gut, von denen die Älteren in Erinnerungen schwelgten und die Jüngeren einmal erleben wollten, wie ihre Großmütter und Großväter einst zusammenkamen und ihre Freizeit ausfüllten.
In weiser Voraussicht war am Kopf des Kursaales eine große Fläche zum Tanzen freigelassen worden. Stühle und Tische gab es nur auf der linken Seite, auf der gegenüber liegenden waren Stehtische angeordnet. Und die Bühne war - ebenso wie der Saal - nicht taghell beleuchtet, sondern abgedunkelt, damit die farbrigen Scheinwerfer wirken konnten.
Für die nötige musikalische Authentizität sorgten die "Shadows Revival Band" und die "Blackbirds". Ihre Wurzeln reichen zurück in jene Zeit, in der eine Generation die durch Kriegsereignisse gestohlene Kindheit und Jugend vergessen machen wollten. Da war das Schlimmste überstanden und pure Lebensfreude angesagt.
Mitreißender hämmernder Rhythmus, Drummer, die immer mehr in den Mittelpunkt rückten, und überwiegend langmähnige Gitarristen, die zuweilen einen irren Sound aus ihren Instrumenten herausholten - das und die teilweise zur Artistik entwickelten Fußbewegungen der Tänzer sind in Erinnerung geblieben.Ebenso unvergessen sind die Petticoats, die bei der weiblichen Rock'n'roll-Generation so beliebt waren.
Es ist erstaunlich: Manche Musikform ist in der Versenkung verschwunden oder fristet nur noch ein unbeachtetes Dasein. Die damalsüberwiegend von jungen Amateurbands im Beat umgesetzte und wieder entdeckte Lebensfreude der 60er erlebt Renaissance auf Renaissance.
Beim Auftritt der beiden Bands im Eilser Kursaal zeigten sich nicht nur dieälteren und mittleren Jahrgänge, dass sie ihre Füße nicht stillhalten konnten, sondern sogar einige kaum dem Kindergartenalter entronnene Enkel mischten auf der Tanzfläche kräftig mit. Das dürfte nachhaltig beweisen: Welche Revival und Coverbands auch immer Oldies berühmter Gruppen reproduzieren, sie werden ihre Anhänger auch dann noch finden, wenn ihre Großeltern längst im Ohrensessel von den "wilden Jahren" träumen.
Dass beide Bands sich nicht auf das Beherrschen ihrer Instrumente beschränken, sondern auch gut anzuhörende Vokalisten in ihren Reihen haben, ließ den Abend zu einem musikalischen Festschmaus für die Freunde dieser Klänge werden. Bei solchen Oldies wie "Peggy Sue", "Wooly Bully" und "To love somebody" hielt es ohnehin kaum einen in den Sitzen.
Die "Blackbirds" und die "Shadows", die sich mehrfach ablösten, machten nach einem langen "Arbeitstag" noch einen erstaunlich frischen Eindruck. Das lässt hoffen, dass diese beiden Gruppen aus dem Raum zwischen Minden und Bielefeld ihren Anhängern auch in den nächsten Jahren Freude bereiten werden mit den Hits unvergessener Popgruppen wie den "Beatles", "Rolling Stones", "Lords" und "Rattles".