Bad Nenndorf. Am eigenen Leib hat Stadtdirektor Mike Schmidt am Dienstag erfahren, wo Rollstuhlfahrer in Bad Nenndorf vor knifflige und teils sogar unlösbare Aufgaben gestellt werden. Der Seniorenbeirat und der SoVD nahmen Schmidt mit auf eine Tour der Hindernisse, die der Verwaltungschef allerdings im Rollstuhl meistern musste. Die SN haben die Behindertengerechtigkeit der einzelnen Stellen mit Noten versehen.
Poststraße/Einmündung Bahnhofstraße: Anfangs lief es für den Stadtdirektor noch ausgezeichnet. Doch er selbst schränkte ein: „Es wäre eine Katastrophe, wenn es hier Mängel gäbe.“ Denn schließlich ist die Poststraße gerade erst saniert worden. Derzeit fehlt zwar noch der Zebrastreifen an der Bahnhofstraße, doch die Überwege meisterte Schmidt allesamt ohne Probleme.
Keine Mängel, also: Note 1
Kurhausstraße/Immobilie Part AG: Die nächste Aufgabe bestand darin, die Kurhausstraße zu überqueren und ins Restaurant „La Villetta“ zu gelangen. Bei den Hochborden tat sich Schmidt vor allem schwer, als er auf der gegenüberliegenden Seite wieder auf den Gehweg gelangen wollte. Dies glückte erst nach mehreren Versuchen. Dann erkundigte sich der Stadtdirektor bei den Volksbank-Mitarbeitern, ob er deren Fahrstuhl benutzen durfte – ansonsten hätte Schmidt über die Kampstraße und von dort aus über die Autozufahrt zum Parkplatz fahren müssen.
Doch das Personal öffnete die Tür zum Treppenhaus, Schmidt fuhr mit dem Lift in den ersten Stock, rollte durch die Volksbankfiliale und wollte auf der anderen Seite eine Heberampe für Rollstuhlfahrer benutzen. Diese ist jedoch noch nicht in Betrieb. Wann sie einsatzbereit ist, blieb offen. Selbst wenn die Rampe funktioniert, steht dieser Weg aber nur dann zur Verfügung, wenn die Volksbank geöffnet ist.
Daher: Note 3 minus
Kreuzstraße: Dann wurde es zunehmend anstrengend. Von der Horster Straße aus rollte der Stadtdirektor in die Kreuzstraße, wo er nach etwa 30 Metern an einer in den Gehweg ragenden Hausecke scheiterte. Mit Mühe bugsierte Schmidt seinen Rollstuhl auf die Fahrbahn, um voranzukommen, doch schon bald standen Blumenkübel im Weg.
Danach geriet die Strecke entlang der Kreuzstraße zum Wagnis, denn ein Bürgersteig fehlt dort ab der Abzweigung Bornstraße auf ganzer Länge. Grundsätzlich ist das Befahren für Gehbehinderte zwar möglich, doch die Experten vom Behinderten- und Seniorenbeirat sowie vom SoVD urteilten: Die Kreuzstraße sollten Rollstuhlfahrer meiden.
Daher: Note 5
Fußweg Hauptstraße – Weidenkamp: Die Krönung hatten sich die Begleiter des Stadtdirektors für den Schluss aufgehoben. Schmidt sollte versuchen, die Rollstuhl-Rampe an der Hauptstraße hinunterzurollen, um zum Weidenkamp zu gelangen. Dank des vor Kurzem installierten Handlaufs meisterte er die Rampe selbst zwar ordentlich. Doch kurz danach stand er vor einer Stufe, die ein Rollstuhlfahrer schon allein wegen des Gefälles nicht selbst überwinden kann. Kurz dahinter folgt noch eine zweite Stufe.
Daher ist die Rampe wenig nützlich – der Weg kommt zumindest für Rollstuhlfahrer nicht infrage. Auf dem Rückweg offenbarte sich noch ein anderes Problem: Die Rampe ist extrem steil, sodass Schmidt zwar mit gewaltiger Anstrengung zurück zur Hauptstraße gelangte, ein weniger kräftiger Mensch hätte aber keine Chance. Dies demonstrierte Rosemarie Wilk, die den Anstieg nicht aus eigener Kraft meisterte.
Deshalb: Note 6
Die Stellen hatten die Mitglieder des Seniorenbeirates im Vorfeld bewusst ausgesucht. Denn im gerade erst sanierten Kurpark hätte der Rundgang keinen Sinn gemacht. Doch immerhin: Es war Klaus-Dieter Salzbrunn, Wilfried Koch, Volker Riehs und Co. doch gelungen, sogar im Bereich der Innenstadt Mängel aufzudecken. Der SoVD will von den Bürgern noch weitere Hindernisse für Rollstuhlfahrer genannt bekommen. Dazu ist für den 12. Mai ein Stand auf dem Bad Nenndorfer Wochenmarkt geplant.
An der Kreuzstraße muss der Stadtdirektor den Gehweg verlassen, weil ein Haus im Weg steht.gus (2)